Aus der Erfurter Stadtgeschichte
Erfurt – viele Unverwechselbarkeiten kennzeichnen diese größte thüringische Stadt, die als eine der ältesten im mitteldeutschen Raum auf eine über 1250jährige wechselvolle Vergangenheit zurückblicken kann.
Die bevorzugte Verkehrslage am Schnittpunkt alter deutscher und europäischer Handelstraßen, das frühe Wirksamwerden eines lebhaften, weitreichende Handelsverbindungen herstellenden Marktbetriebs und die damit einhergehende Ansiedlung von Kaufleuten und Handwerkern, die Errichtung eines Bistums, welches, wenngleich schon bald wieder aufgelöst, dem Ort als dem natürlichen Mittelpunkt Thüringens auch das bleibende Gepräge des geistlichen Mittelpunkts verlieh, ferner das Vorhandensein einer karolingischen und Ottonischen Königspfalz, das alles begünstigte die frühe Stadtwerdung und legte den Grundstein zur weiteren Entwicklung der Stadt, die im Mittelalter ihres hoch entwickelten Schulwesens und ihrer bedeutenden Universität wegen als „Bologna des Nordens“ gepriesen und ihres eindrucksvollen Stadtbildes wegen von Luther als „Erfordia turrita“, als das türmereiche Erfurt gerühmt wurde.
Von Bonifatius, dem Apostel der Deutschen, über Karl den Großen, Kaiser Friedrich I. Barbarossa, König Rudolf I. von Habsburg, die Mainzer Erzbischöfe der Reformations- und Gegenreformationszeit, König Gustav II. Adolf von Schweden bis zu Napoleon Bonaparte reicht der Bogen derer, deren – mitunter ebenso begehrliche wie gefährliche – Aufmerksamkeit auf Erfurt gerichtet war.
Politische Ereignisse und geistige Erscheinungen wie das Wirken des Erfurter Humanistenkreises an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert, Luthers Aufenthalt in der Stadt in den Jahren 1501 bis 1511, der Erfurter Fürstenkongress von 1808, das Erfurter Unionsparlament des Jahres 1850 und der Erfurter Parteitag der deutschen Sozialdemokratie von 1891 rückten die Stadt immer wieder in den Blickpunkt öffentlichen Interesses.
Die Geschichte des Ortes „Erphesfurt“ ist in schriftlichen Quellen seit 742 nachweisbar. Wenn im Laufe der Jahrhunderte auch viel Schriftgut verloren gegangen ist, so können anhand der Archivalien, die im Stadtarchiv Erfurt, einem der bedeutendsten der deutschen Stadtarchive, verwahrt werden, doch die entscheidenden geschichtlichen Ereignisse und Entwicklungen ab dem späten Hochmittelalter nachvollzogen werden.
Will man das Werden und Wachsen dieser traditionsreichen Stadt in Chronikform darstellen, so wird man gezwungen sein, aus der Fülle des Stoffes eine Auswahl, die stets subjektiv sein wird, zu treffen. Es sind auch nicht alle Abschnitte der Stadtgeschichte gleich gut erforscht, so dass der Stadtgeschichtsforschung noch ein weites Feld bleibt. Ganz besonders gilt dies für die vergangenen Jahrzehnte, aus denen entscheidend wichtige Quellen der Forschung bisher nicht zugänglich waren.